Presseartikel

Moderne Plattformlösungen unterstützen Vermögensverwalter bei Regulatorik

Veröffentlicht: 04.05.2023 | Von investify

Durch Business-Process-Outsourcing entstehen Effizienzgewinne

Als die ersten Fintechs um die Jahrtausendwende gegründet wurden, fragten sich viele Marktkenner, ob sie den etablierten Finanzdienstleistern nun schnell Marktanteile abnehmen würden. Zwanzig Jahre später sieht man klarer. Der Erfolg liegt meist in der Kooperation: Innovative digitale Plattformen unterstützen Finanzdienstleister mit praxiserprobten Lösungen gezielt und ressourcenschonend bei Themen wie Technologie und Regulatorik. 

Am Beispiel der Vermögensverwaltung wird schnell ersichtlich, dass solche Wealth-Management- und Regulatorik-Plattformen gerade im aktuellen Umfeld ein probates Mittel zur Sicherung und zum Ausbau des langfristigen Erfolgs etablierter Vermögensverwalter sein können. 

Finanzdienstleister sind täglich mit vielen Fragestellungen konfrontiert, seien es die Märkte, Produkte oder oft auch regulatorische Themen. Strategische Entwicklungen kommen im Tagesgeschäft oft zu kurz. So hielten die Veränderungen durch das iPhone beispielsweise im Privatleben Einzug – die Konsequenzen für das eigene Geschäftsmodell wurden hingegen mangels Kapazitäten oder Möglichkeiten lange Zeit nicht ausreichend angegangen. 

Dies betrifft sowohl die gewachsenen Kundenbedürfnisse im Vertrieb (Frontend) als auch viele Prozesse (Backend), die lange nicht automatisiert wurden. Generell besteht in der Branche immer noch ein Hang zum Selbermachen beziehungsweise Insourcing. Gerade bei regulatorischen oder technischen Neuerungen stoßen solche Ansätze an ihre Grenzen. Der wachsende Personalmangel aber auch kritische Kopfmonopole befeuern die Probleme. Eine effiziente und gleichzeitig Compliance konforme Weiterentwicklung ist kaum noch möglich. Darüber hinaus muss auch noch immer in vielen Häusern erhebliches Personal vorgehalten werden, um die Systeme und Prozesse tagtäglich zu betreuen. 

Bei einer Plattform für die Vermögensverwaltung werden Lösungen beziehungsweise Funktionen nicht nur für einen einzigen B2B-Partner entwickelt, sondern sie werden gleich mehreren ähnlich aufgestellten Unternehmen bereitgestellt. Plattformen nutzen somit gezielt Skaleneffekte. Während einige Plattformbetreiber nur als Technologieanbieter fungieren, bieten andere Lösungen, die auch regulatorische Pflichten abdecken – dies ist sicherlich die Königsdisziplin. Denn hierdurch können die regulatorischen Lasten und damit auch die (Personal-)Kosten von den Schultern der Finanzdienstleister genommen und gesetzeskonform auf eine erprobte Plattform verlagert werden.

Bestimmte Aufgaben des Vermögensverwalters werden im Rahmen eines Business-Process-Outsourcings (BPO) also ganz einfach übertragen. Hierdurch entstehen Effizienzgewinne. Das Ziel muss darin bestehen, dass sich der Finanzdienstleister voll und ganz auf seine Kernkompetenzen und die relevanten Funktionen fokussieren kann. In der Regel sind dies das Assetmanagement, die Beratung und der Vertrieb. 

Heutzutage werden die Anwendungen oftmals im sogenannten White Label angeboten. Das gleiche gilt auch für Dokumente wie Kostenausweise oder Quartalsreports. Das heißt, dass die Systeme umfänglich angepasst und individualisiert werden können – vom Design über die Kundenportfolien bis zu den Funktionen und Algorithmen. Während die Plattformbasis im Hintergrund immer dieselbe bleibt, sieht der Endkunde nicht einmal, dass hinter den Kulissen eine Zusammenarbeit mit einem Technologie- und Regulatorik-Provider besteht. Die DNA und die Besonderheiten jedes Vermögensverwalters bleiben vollständig erhalten. Das gleiche gilt für die Vertragsbeziehung, die der Endkunde direkt mit seinem persönlichen Vermögensverwalter eingeht. 

Gute Plattformanbieter stellen heute nicht mehr nur digitale Vertriebslösungen für den Absatz im Internet bereit. Sie unterstützen vielmehr die persönliche bzw. hybride Vermögensverwaltung. Letztere wird in vielen Studien als Königsweg gesehen*. Prozesse können also sowohl stationär als auch rein online ablaufen, beispielsweise bei Risikoprofilierung, Legitimation, Unterschrift oder beim Reporting. Gerade bei einer sehr anspruchsvollen Klientel werden die digitale Kompetenz und der damit verbundene Komfort für den Kunden immer wichtiger. 

Der Vorteil einer Plattformlösung besteht insbesondere darin, dass sie den Ansprüchen reiner Online-Vertriebsorganisationen genauso gerecht wird wie den Anforderungen etablierter Finanzdienstleister, wie Banken, Versicherungen oder Vermögensverwaltern. 

Durch die Nutzung einer Plattform lassen sich vielfältige Effizienzvorteile schaffen. Zunächst ergeben sie sich bei der Implementierung. Denn Erfahrungen, Software und Prozesse existieren bereits. Die Kosten, aber auch das Risiko beim Setup können durch Plattformstrukturen deutlich minimiert werden. 

Mindestens ebenso bedeutend ist, dass die (meist überlasteten) Mitarbeiter-Ressourcen der Vermögensverwalter geschont werden. Hierdurch kommt es auch zu einer deutlich kürzeren Umsetzungszeit – das heißt, der Effizienzhebel der Lösungen wird sehr schnell sichtbar und bilanzwirksam. 

Plattformanbieter haben zudem eine Vielzahl von Prozessen vollständig standardisiert und digitalisiert – auch in Bezug auf die Regulatorik. Des Weiteren besteht wie geschildert die Möglichkeit, regulatorische Verpflichtungen auf den Plattformbetreiber zu übertragen, sofern es sich um einen von der Finanzaufsicht regulierten Anbieter handelt. Beispiele sind die Verlustschwellenüberwachung, das Reporting, die Überwachung der Anlagerichtlinien aber auch die kompletten Abrechnungen und Gebühreneinzüge. Hierdurch sind modernste und kostenschonende Wertschöpfungsarchitekturen möglich. Die Unternehmensressourcen können dadurch effizient auf die Kernkompetenzen allokiert werden.

Ein anschauliches Beispiel für die Wirksamkeit von digitalen Plattformen bietet die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nachhaltigkeit ist nicht nur ein großes Thema in der Vermögensverwaltung, es stellt die Akteure auch vor große Herausforderungen. Vom Onboarding über den Abgleich der Kundenpräferenzen mit dem Nachhaltigkeitskonzept des Vermögensverwalters bis hin zur laufenden Berichterstattung an die Kunden: die Umsetzung der technischen und regulatorischen Vorgaben fordern die Vermögensverwalter. Der Kunde muss nämlich sowohl in den vorvertraglichen Informationen als auch in regelmäßigen Berichten über den ESG-Ansatz, die Nachhaltigkeitsrisiken sowie Auswirkungen der Dienstleistung informiert werden. Diese Informationen basieren auf dem eigenen Nachhaltigkeitskonzept des Vermögensverwalters und folgen festgelegten Regeln. Grundsätzlich lässt sich sagen: Je „grüner“ das Nachhaltigkeitskonzept des Vermögensverwalters, desto quantitativer muss der Quartalsbericht angelegt sein. Allein für den Berichtsrahmen für nachteilige Auswirkungen („PAI“ für Principal Adverse Impact) hat der Gesetzgeber über 70 verschiedene Angaben vorgesehen. Die müssen dann auf das einzelne Kundenportfolio angewendet bzw. heruntergebrochen werden, z.B. um den ESG-Score auszuweisen. 

Eine solche Arbeit ist manuell bzw. mit schlechter Systemunterstützung nicht zu bewältigen, sie erfordert den Einsatz einer digitalen Plattform. Der Vermögensverwalter liefert Depotdaten und beauftragt einen Nachhaltigkeitsdaten-Provider, auf der Plattform wird dann alles kundengenau verarbeitet, die Berichte werden im Look-and-Feel des Vermögensverwalters automatisiert aufbereitet und die individuellen Berichte für jeden Kunden produziert. 

Nichts ist so beständig wie der Wandel. Auch in diesem Kontext bieten Wealth-Management-Plattformen unternehmerische Vorteile. Denn eine Plattform entwickelt sich kontinuierlich weiter, und zwar mit den Bedürfnissen der Endkunden und den Anforderungen der Vermögensverwalter. 

Zudem behält der Plattformanbieter die Dynamik des Marktes und der weltweiten Konkurrenz im Blick. Auch bei rechtlichen Neuerungen, wie zum Beispiel Mifid oder Nachhaltigkeitskriterien, werden die Vorgaben zentral und frühzeitig umgesetzt. Dies macht es Finanzdienstleistern wiederum einfach. Die Weiterentwicklungskosten werden auf die relevanten Nutzer der Plattform verteilt bzw. entfallen sogar ganz. 

Solche Plattformen können entweder vollständig autonom betrieben oder tief in die Partnersysteme integriert werden. Ein autonom arbeitendes System hat den Vorteil, dass keine zusätzlichen Infrastrukturen oder Betriebsumgebungen bereitgestellt werden müssen. Hierdurch haben beispielsweise auch kleine Financials und Non-Financials die Möglichkeit, innovative Investmentlösungen anzubieten – eventuell in Kombination mit einem Lizenzpaket des Plattformbetreibers. 

Alternativ können Plattformen mittlerweile über sogenannte APIs, also Schnittstellen, sehr einfach in Partner- bzw. digitale Ökosysteme integriert werden. Diese Option ist gerade für größere Marktteilnehmer von Bedeutung. Auch durch den Vernetzungsaspekt lässt sich die Implementierungsgeschwindigkeit deutlich erhöhen. 

Fazit: Das Beispiel von Wealth-Management-Plattformen zeigt, dass die Finanzbranche mittlerweile viele Möglichkeiten und kostengünstige Optionen besitzt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern und Finanzdienstleistungen auf moderne Art und Weise anzubieten. Auch die Regulatorik muss keine Belastung mehr sein – sie verliert somit den oft propagierten Schrecken. 

* siehe z.B. Bain: „Time for Wealth Management Firms to Shift Course”

Der Artikel ist erstmalig am 29/04/23 in der Sonderbeilage „Digitalisierung“ der Börsen-Zeitung erschienen.