Presseartikel

„Es geht um mehr als Robos!“

Veröffentlicht: 07.07.2021 | Von investify

Im Interview mit Citywire Deutschland berichten die Geschäftsführer über den neuen Fokus auf Vermögensverwalter, die Robo-Branche und warum auch Apple oder 1&1 Interesse am Wealth Management bekommen könnten.

Der deutsch-luxemburger Dienstleister investify Tech ist einst als digitaler Vermögensverwalter für Privatkunden an den deutschen Markt gegangen. Vor rund zwei Jahren hatte das Unternehmen sein Geschäftsmodell dann von Endkunden auf das B2B-Geschäft umgebaut und auf Basis des eigenen Robo Advisors eine digitale Wealth-Management-Plattform entwickelt, die investify nun an andere Firmen vertreibt. Das alte Geschäftsmodell war nicht aufgegangen.

Mit der neuen Ausrichtung scheint es besser zu laufen: investify sammelt regelmäßig neue Kunden ein, wie jüngst die Bank für Sozialwirtschaft und den Vermögensverwalter Maiestas. Mit Citywire Deutschland unterhielten sich die Geschäftsführer Christian Kratz und Harald Brock über den neuen Fokus auf Vermögensverwalter, die Robo-Branche und warum auch Apple oder 1&1 Interesse am Wealth Management bekommen könnten.

Herr Brock, das Retail-Geschäft mit Robo Advisern scheint in Deutschland endlich Fahrt aufzunehmen. Bereuen Sie die Entscheidung, investify auf B2B umgestellt zu haben?
Harald Brock: Nein, überhaupt nicht. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir die richtigen Schritte gegangen sind. Dies belegen auch unsere zahlreichen Kooperationen in den letzten Jahren. Wenn der Markt für Robos anzieht, sind wir auch weiterhin als Technologie- und Regulatorik-Provider im Hintergrund mit dabei und profitieren. Wir haben mit zahlreichen B2B-Partnern Robo-Lösungen umgesetzt.

Sie kooperieren auch mit Privatbanken und Vermögensverwaltern. Welche Rolle spielen diese Kundengruppen bei investify?
Brock: Unser Fokus liegt auf der Digitalisierung von Vermögensverwaltungen – dabei geht es häufig um mehr als Robos. Für uns spielt der Hybrid-Markt, also dort, wo auch Berater unsere Technik nutzen, mittlerweile eine mindestens genauso wichtige Rolle wie das reine Robo-Geschäft. Bei der Geldanlage spielt die persönliche Betreuung weiterhin eine wichtige Rolle. Deshalb haben wir unser Leistungsspektrum um Private-Banking-Lösungen und Strecken für die persönliche Beratung, zum Beispiel beim Vermögensverwalter erweitert. Diese kombinieren einige unserer Kunden zusätzlich mit Robo-Lösungen.

Warum war die direkte Endkundenansprache für investify schwierig?
Brock: Der Robo ist und bleibt nur eine Facette der Geldanlage. Man braucht aber extrem viel Geld oder eine gute bestehende Kundenbasis, um Kunden zum Robo zu konvertieren. Scalable hat das geschafft, dank der Zusammenarbeit mit der ING. Cominvest hat es mit der Unterstützung der Comdirect geschafft. Dann gibt es auch noch Quirion, die von ihrer Arbeit mit der Quirin Privatbank profitiert.
Kratz: Firmen, die bereits einen Kundenstamm besitzen und ein digitales Angebot hinzufügen möchten, haben gute Chancen. Das gilt für Banken und Vermögensverwalter aber auch für Quereinsteiger, die nicht aus dem Finanzbereich kommen und in diese Richtung expandieren wollen. Wir sehen bei unseren Kunden, dass auch Robos immer häufiger im Kundengespräch in den Filialen verkauft werden.

Warum ist der Start für Neueinsteiger im Robo-Markt so kapitalintensiv?
Kratz: Die Kosten für die Kundenakquise im Endkundengeschäft sind sehr hoch, deshalb ist es auch für die Unternehmen leichter, die bereits Kunden haben, die sie nur noch vom neuen Angebot überzeugen müssen, oder wenn man Kunden von einem Partner vermittelt bekommt.

Das ganze Geschäftsmodell umzustellen war für Sie also leichter als das Endkunden-Geschäft?
Brock: Der Zugang zum B2B-Markt ist mit unserem Netzwerk einfacher, die Akquise günstiger und der Hebel ist gewaltig. Unsere Entwicklung gibt uns recht. Wir gewinnen laufend neue namhafte B2B-Kooperationen und haben uns erst im Dezember eine Millionen-Finanzierung gesichert. Die Dinge, die wir uns vor unserem „Pivot“ in Richtung B2B-Dienstleistung erarbeitet haben, waren nicht für die Tonne, vieles konnten wir in unser heutiges Angebot einbringen. Nehmen Sie unsere Lizenz zur Portfolioverwaltung, sie setzen wir heute zum Beispiel bei Kunden ein, die selbst nicht aus dem Finanzbereich kommen, und trotzdem Vermögensverwaltung anbieten wollen. Wir können das gesamte Asset Management für solche Firmen übernehmen und ein Rundum-Sorglos-Paket schnüren.

Ist das ein Trend? Werden mehr branchenfremde Unternehmen Vermögensverwaltung anbieten?
Kratz: Den Bereich Non-Financials sehen wir als einen großen Wachstumsmarkt für die digitale Vermögensverwaltung an. Die ganzen Anbieter, die momentan digitalen Zahlungsverkehr oder -Abwicklung anbieten, zum Beispiel PayPal, Google Pay und Apple Pay, haben bereits einen großen Kundenstamm und riesiges Vertrauen. Millionen von Menschen vertrauen ihnen sensible Datensätze an. Stellen Sie sich vor, diese Marken kommen auf die Idee, Vermögensanlage anzubieten oder Sparpläne für den Vermögensaufbau! Ich bin mir sicher, es hätte großen Erfolg. Auch den Einstieg von Firmen wie 1&1, die bereits alles Mögliche vom Stromtarif bis zum Handyvertrag anbieten, könnte ich mir gut vorstellen.

Bislang kommen die meisten Ihrer Kunden aber noch aus dem Finanzbereich. Gibt es dort auch Wachstumspotenzial?
Brock: Ja, wir zielen ganz klar auf beides ab: Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen. Uns ist wichtig, dass sich unsere B2B-Kunden auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Gerade bei Finanzunternehmen, wie Vermögensverwaltern oder Banken, spielen wir unsere Stärken aus, weil es dort noch viel händische Arbeit gibt. Das sind oft unnötige Kostenblöcke, die wir komplett übernehmen können oder sogar ganz überflüssig machen. Zudem kümmern wir uns um alle regulatorischen Pflichtaufgaben.

Vor Kurzem haben Sie eine Partnerschaft mit der Kölner Maiestas begonnen. Planen Sie auch stärker auf unabhängige Vermögensverwalter abzuzielen?
Kratz: Ganz klar, wir wollen mehr Vermögensverwalter aber auch Haftungsdächer und Markerpools für uns gewinnen. Neben der Maiestas ist auch die ICM Investmentbank, ein Vermögensverwalter aus Berlin, einer unserer Kunden. Weitere namhafte Vermögensverwalter-Partner werden in den nächsten Wochen kommuniziert. Der Bedarf, den wir für digitale Lösungen vorfinden, ist riesig. Immer mehr gehen jetzt einen voll digitalisierten Weg, um wettbewerbsfähiger zu werden.

Warum werden Vermögensverwalter zu Ihren Kunden?
Brock: Sie können sich das gesamte Back Office sparen und sich auf das konzentrieren, was Ihnen wichtig ist: Portfoliomanagement und Kundenberatung. Auch der Abstimmungsaufwand mit der Depotbank entfällt. Weil wir selbst als Vermögensverwalter lizenziert sind, können wir zum Beispiel auch sämtliche regulatorische Aufgaben übernehmen – diese Prozesse belasten einen Vermögensverwalter meist besonders stark. Zudem stellen wir die komplette Technik aus einer Hand hin – vom Onboarding bis zum Reporting. Unsere Kunden und wir sind der festen Überzeugung, dass nur so eine echte Digitalisierung gelingen kann. Sonst bleibt es bei Stückwerk mit vielen Schnittstellen.

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